Warum nicht jede*r in jedem Teammeeting gehört werden muss

Ich erlebe Teams in ihrem Meetings oft in einer dieser beiden Phasen. Beide haben ihre Berechtigung und Herausforderungen:

Phase 1 – Wenige bestimmen den Ton
Einige wenige sprechen viel, meist diejenigen, denen im Team die meiste Macht zugeschrieben wird. Andere halten sich zurück. Auf den ersten Blick wirkt das vielleicht effizient, aber tatsächlich entstehen dadurch zwei Gesprächsströme:
Einer im Meeting selbst – und einer „auf dem Flur“ oder hinter verschlossenen Türen. Dort finden dann die Gespräche statt, die eigentlich ins Team gehört hätten. Das schwächt Vertrauen und macht Entscheidungen intransparent.

Phase 2 – Alle wollen gehört werden
Als Gegenreaktion tritt oft die Sehnsucht auf: „Endlich will ich auch gehört werden!“ In dieser Phase möchten alle ihren Raum haben und darauf bestehen, zu Wort zu kommen.
Das bringt etwas sehr Wertvolles mit sich: Stimmen und Perspektiven, die vorher unsichtbar waren, finden endlich Gehör – etwa von Menschen, die sich eher zurückhalten, oder von denen, die Diskriminierung im Arbeitskontext erfahren, oder von Minderheiten im Team. Auf einmal werden Themen und Sichtweisen Teil der Entscheidungen, die vorher keinen Platz hatten.
Gleichzeitig kann diese Phase auch herausfordernd sein: Meetings werden länger, Beiträge verlieren manchmal an Fokus, und das eigentliche Arbeitsziel rückt in den Hintergrund.

Phase 3 – Vertrauen und Sicherheit
Die spannende Entwicklungsaufgabe liegt darin, einen Raum zu schaffen, in dem Menschen wissen: Ich werde gehört, wenn es wirklich wichtig ist.
Es geht weniger darum, Macht über Redezeit zu demonstrieren, sondern darum, eine Vereinbarung zu treffen, die für alle trägt: Wir hören einander zu – und wir vertrauen darauf, dass Beiträge ernst genommen werden.
Wenn das gelingt, entsteht eine neue Kultur:
- Menschen entscheiden bewusster, wann und was sie einbringen.
- Kommunikation wird klarer und relevanter.
- Vertrauen wächst, weil niemand das Gefühl hat, „unterzugehen“.

Genau das bildet die Basis für Ko-Kreation und echtes kooperatives Arbeiten. Auf diesem Fundament können Teams gleichzeitig effizient und menschlich zusammenarbeiten. Hier entsteht der Raum, in dem Innovation möglich wird – weil Sicherheit, Vertrauen und gemeinsames Zielbewusstsein zusammenkommen.

Das braucht Zeit und Entwicklung. Aber es lohnt sich, weil wir dann in der Zusammenarbeit Antworten finden können, die vorher undenkbar gewesen wären.

Mich berührt immer wieder, wie dadurch Meetings entstehen, die nicht nur zielgerichteter, sondern sich nährend, menschlich und organisch anfühlen.

👉 Erkennst du die Phasen wieder? Wie sehr sind Gesprächsanteile bei euch ein Ausdruck von Macht?

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